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Musik über Musik – Parodieren in der frühneuzeitlichen Messe

Träger: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Laufzeit: ab November 2023

Das DFG-Projekt, das im November 2023 seine Arbeit aufgenommen hat, widmet sich dem großen und einflussreichen Korpus der Parodiemessen im 15. und 16. Jahrhundert. Parodieren meint im Gegensatz zum modernen Sprachgebrauch in der Vormoderne die  „umformende Nachahmung eines musikalischen Kunstwerkes in einem anderen musikalischen Werk-, zumeist auch Gattungszusammenhang“ (Georg v. Dadelsen, Art. “Parodie und Kontrafaktur”, in: MGG online). Zwar finden sich bereits im 14. Jahrhundert erste Beispiele, doch erst im 15. Jahrhundert lassen sich zunehmend avancierte Techniken beobachten, die weit über die üblichen Cantus-firmus-Verarbeitungen weltlicher oder geistlicher Provenienz hinausgehen: Paraphrasen, Zitate, Motivverarbeitungen oder vollständige Übernahmen mehrstimmiger Komplexe. Im 16. Jahrhundert verzichten Komponisten sodann oft auf einen Cantus firmus als strukturbildendes Element und fundieren ihre Ordinarien stattdessen auf dem gesamten Stimmengefüge einer geistlichen oder weltlichen Vorlage. Dieser Prototyp einer Parodiemesse erlebte im Fortgang des Jahrhunderts nicht nur seine Hochkonjunktur, sondern lief allen anderen Messtypen quantitativ den Rang ab. 

Ausgehend von dieser Beobachtung lassen sich spannende Fragen an das Repertoire stellen: Es lässt sich etwa fragen, welche Kriterien einen Komponisten bei seiner Wahl seiner Vorlagen beeinflusst haben könnten: Waren in erster Linie deren Text und Musik ausschlaggebend, oder mochten womöglich auch außermusikalische Faktoren, die von arbeitsökonomischen Beweggründen über die Einreihung in Traditionslinien, der bewussten Utilisierung populärer zeitgenössischer ,Schlager‘ bis hin zu Momenten der Identitätsstiftung reichen können, eine Rolle gespielt haben? Gibt es mit Blick auf die Satztechnik, die Textausdeutung oder die klangliche Ausgestaltung jenseits bereits bekannter Praktiken des musikalischen Parodierens weitere Strategien, mit deren Hilfe Komponisten musikalisches Material aus ihren Vorlagen in ihre Parodien integrierten? Spielt die zunehmende Mobilität der musikalischen Akteure, die sich rasch verändernde konfessionelle und institutionelle Lebenswelt sowie die Zirkulation des Repertoires im 16. Jahrhundert für das wachsende Interesse an der Gattung eine besondere Rolle, und wenn ja, welche?

Das DFG-Projekt verfolgt zwei Stränge: Einerseits widmet es sich dem Sonderfall der Musik über eigene Musik, also den Eigenparodien in der Messe (Postdoc-Projekt Dr. Marcel Klinke), andererseits soll es mit einer ab April 2025 zu besetzenden Doktorandenstelle bis 2028 ein weiteres Korpus an Parodiemessen auswählen und wissenschaftlich befragen. Gemeinsam arbeiten das Projektteam und seine Hilfskräfte mit dem CRIM: The Renaissance Imitation Mass Project (Haverford College) unter der Leitung von Prof. Dr. Richard Freedman zusammen, um die Messen digital zu edieren und computergestützte Tools für deren Analyse einzusetzen und weiterzuentwickeln. Die Etappen und Ergebnisse werden nicht nur in den Qualifikationsschriften, sondern auch auf Tagungen, in Workshops und gemeinsamen Arbeitssitzungen dokumentiert.

Die Projektleitung hat Prof. Dr. Christiane Wiesenfeldt inne, wissenschaftlicher Mitarbeiter (Postdoc) ist Dr. Marcel Klinke. Das Forschungsprojekt wird in Kooperation mit CRIM: The Renaissance Imitation Mass Project (Haverford College) durchgeführt.

Projektlaufzeit: ab November 2023

Kontakt: marcel.klinke@zegk.uni-heidelberg.de

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